Theo Cirksena, in Groothusen an`t Deep aufgewachsen, erinnert sich an einen Schulausflug im Jahr 1955. Ein Vergleich mit der heutigen Zeit zeigt, wie einfach es doch damals zuging und wie zufrieden die Menschen damals waren.
Auf Entdeckungsfahrt mit dem Fahrrad durch Niedersachsen
von Theo Cirksena
Im Sommer 1955 startete eine Gruppe von Schülerinnen undSchüler mit den Lehrern, Herr Geweke und Herr Klesse von Groothusen aus auf eine 10 tägiger Fahrradtour, durch dass für uns bis dahin unbekannte Niedersachsen. Die Gruppe bestieg die Kleinbahn und fuhr in Richtung Emden. Weiter fuhren wir per Rad durch die Stadt zum Bahnhof – Emden Süd – zu der Zeit der Hauptbahnhof von Emden. Von dort fuhren wir mit der sogenannten „Vullbahn“ in Richtung Hannover. Schon die ersten Haltestationen waren, Petkum, Oldersum, Neermoor und das bis dahin unbekannte Leer. An allen anderen Bahnhöfen zum Zielort hielt der Zug und wir entdeckten während der Fahrt, uns bis dahin unbekannte Regionen und Städte. Nach einer aufregenden, langen und endlosen Fahrt erreichten wir unser Zielort, Neustadt am Rübenberge. Auf der Tour zur ersten Übernachtung in Bad Rehburg, streiften wir Steinhude und machten von dort einen Abstecher zum Schloss Wilhelmstein im Steinhuder Meer. Nach einem kurzen Aufenthalt fuhren wir weiter in das nahegelegene Bad Rehburg. Dort übernachteten wir zum ersten Mal in einer Jugendherberge. Am zweiten Tag wurde das alte Kloster in Loccum besichtigt. Danach erreichten wir nach einer kurzen Fahrt Wiedensahl und besuchten dort das interessante Wilhelm – Busch – Museum. Über Bückeburg, mit Stadt- u. Schlossbesichtigung, ging die Tour weiter über Bad Eilsen zur nächsten Übernachtung in Rinteln. Dort und auf der Weiterfahrt nach Hameln, entdeckten wir Fachwerkbauten.Für uns ein nicht gekannter Baustil. Von Hameln aus ging es die Weser entlang über Emmerthal, Bodenwerder nach Pollhagen. Dort übernachteten wir bei einem Familienangehörigen von Herrn Geweke, in einer Bäckerei. Erinnern kann ich mich noch, dass die Toilettenanlage mit einem Druckspüler ausgerüstet war, der mir bis dahin noch nicht bekannt war. In der Annahme, dass seine Übernachtungsgäste diese Neuheit noch nicht kannten, hatte der Hausherr einen Eimer Wasser für alle Fälle daneben gestellt. Am nächsten Tag überquerten wir mit einer Fähre bei Polle die Weser und erreichten von dort Bad Pyrmont mit dem beeindruckenden Kurpark. Am späten Nachmittag trafen wir in Bad Meinberg ein. Auf der Tour nach dem nächsten Zielort bestiegen wir die berühmten Externsteine. Die Besteigung dieser Hinterlassenschaft von der Eiszeit gehörte wohl zu den Höhepunkten unserer Tour. Eine Besichtigung des – Hermann Denkmals – in der Nachbarschaft wurde auch noch unternommen. In der nahegelegenen Ortschaft Horn übernachteten wir bei einem Bauern auf dem Heuboden. Nach dem Frühstück ging die Fahrt weiter durch das Kalletal nach Vlotho in Richtung Porta Westfalica, über die Weser nach Minden, zu einer Besichtigung des Schiffhebewerks am Mittellandkanal. Der nächste Zielort sollte Bad Essen sein. Über Lübbecke, Preuß. Oldendorf, entlang des Wiehengebirge, erreichten wir Bad Essen mit der Herberge am Mittellandkanal. Eine schlechte Erinnerung habe ich noch heute an einem Zwischenfall in der Nacht. Im Tiefschlaf bin ich aus einem zweistöckigen Bett gefallen und mit dem Kopf auf den Nachttisch gelandet. Eine Gehirnerschütterung war die Folge. Auf die darauf folgende Auswirkungen möchte ich nicht weiter eingehen. Die nächste Tour war für mich eher eine Tortur. Mit Schieben und Zeihen von den mitfahrenden Teilnehmer habe ich die Fahrt überstanden. Glücklicherweise mussten wir nur zu dem 40 KM entfernten Diepholz.
Nach einem längeren Aufenthalt am Dümmer hatte ich mich etwas erholen können. Auch die darauffolgende Tour war eher eine Kurzstrecke. Über Cloppenburg und entlang der Thülsfelder Talsperre erreichten wir die Unterkunft in Friesoythe. Der letzte Tag war umso strapaziöser, er führte uns durch das Saterland, weiter über Leer nach Emden. Spät abends kamen wir mit einigen Blessuren und unvergessenen Eindrücken glücklich und erschöpft wieder in Groothusen an. Die herzliche Aufnahme in Mutters Armen und das eigene Bett hat dann alle Strapazen vergessen gemacht. An Pannen, Stürze od. Kettenrisse kann ich mich nicht erinnern. Unsere Räder hatten auch keine Gangschaltung und waren nur mit dem Nötigsten ausgerüstet. Die Ersatzkleidung für die 10 tägiger Fahrt war in einer Aktentasche od. einem Rucksack verstaut. Sanitärutensilien kannten wir nicht mal vom Namen her. Mein Fahrrad, ein ehem. „Melkrad“ hat mir für diese Tour treue Dienste geleistet. Für die darauf folgenden Tage mussten wir die daheim gebliebene Freunde und Mitschülern unsere Erlebnisse und Eindrücke berichten. An das Essen habe ich keine guten Erinnerungen. Mindestens 5-mal gab es Tomatensuppe, die ich dann in den darauf folgenden Jahren mit großem Erfolg umgangen bin. Bis heute sind mir meine beiden Lehrer unvergessen. Dankbar und respektvoll denke ich auch noch nach langer Zeit, an die schöne und sprapaziöse Tour, die sie uns ermöglicht haben. Für mich ein unvergessenes Erlebnis. Meine Schulzeit in Groothusen verbinde ich bis heute noch mit großer Hochacht an meine Lehrer, Herrn Geweke und Herrn Klesse.